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Eigentlich ist Australien noch ein Neuling wenn es um die edle Kunst der Weinproduktion geht: Erst Ende des 18. Jahrhunderts wagten sich die ersten Pioniere an den Weinbau à la Down Under, während Europa damals bereits auf eine jahrhundertealte Weinkultur zurückblicken konnte. Lange Zeit war der australische Wein daher auch als ungeniessbarer Fusel verschrien, der vergebens die sublimen Kreationen der alten Welt zu imitieren suchte. Mittlerweile hat sich dieses Bild allerdings gewaltig verändert, und insbesondere seit der Jahrtausendwende haben die australischen Tropfen stark an Beliebtheit gewonnen. Diese Entwicklung verdankt der australische Wein dabei nicht zuletzt auch Schweizer Winzern.

 

Gekommen, um zu keltern

Die Geschichte der Schweizer Auswanderung nach Australien reicht weit zurück: bis ins Jahr 1788, um genau zu sein. Damals, kurz nach der Gründung der ersten australischen Kolonien, liessen sich bereits einige Schweizer Kaufleute, Bauern und Handwerker in der Nähe des heutigen Sydneys nieder. Die erste wirklich bedeutende Welle an Schweizer Auswanderer nach Australien begann jedoch erst ab 1839, als zahlreiche Weinbauern und –bäuerinnen aus der Region Neuchâtel und dem Berner Seeland nach Victoria (Südaustralien) zogen.

Dort angekommen, stampften sie namhafte Weinbaugebiete wie Geelong, Yarra Valley oder Rutherglen aus dem Boden, die bis heute der Stolz Australiens sind. Dank ihrem generationenübergreifenden Wissen und ihrer unnachgiebigen Hartnäckigkeit gelang es diesen SchweizerInnen, trotz aller Widrigkeiten im fremden Klima ihre Reben anzubauen. Nach einigen Jahren schafften sie es sogar, hochwertige Weine zu keltern, die mit den besten Traubensäften der Welt mithalten konnten. An der Weltausstellung 1873 in Wien kürten zum Beispiel französische Önologen im Blindtest solche Weine aus Victoria zu den Siegern – bis sie von deren Herkunft erfuhren und völlig empört von einem Irrtum ausgingen. Ein so edler Tropfen könne schliesslich nur aus Frankreich stammen, insistierten sie.

Das Yarra Valley | Bild: tico24 @ Wikimedia Commons

 

Aufstieg und Fall der Schweizer Winzer in Australien

Doch der Erfolg gab den Schweizer Weinbauern Recht. Und so expandierten sie in den Folgejahren massiv: In den 1860er Jahren stieg Geelong zur wichtigsten Weinregion Australiens auf und exportierte seine preisgekrönten Weine gar bis nach Europa. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Neuenburger Mogul Hubert de Castella, dessen Weinbaugebiet im Yarra Valley gegen 1875 bereits über 200 Morgen Land (ca. 81 Hektaren oder etwa 58 Fussballfelder) spannte und mehr als eine halbe Millionen Flaschen pro Jahr abwarf.

Und so florierte auch dank der erfolgreichen Schweizer Winzer die Weinwirtschaft in Australien. Erstmals gelang es dem australischen Wein, sein Stigma abzustreifen und auch auf dem anspruchsvollen europäischen Markt Anklang zu finden. Angelockt von diesem Triumph zogen mit der Zeit weitere Schweizer Weinbauern nach Victoria. Einem Goldrausch gleich zog es sie in ferne Lande – nur folgten die Menschen hier nicht dem verführerischen Funkeln eines Edelmetalls, sondern den profitversprechenden Säften vergorener Trauben.

Der Siegeszug des australischen Weines sollte jedoch ein jähes Ende finden. Wirtschaftliche Turbulenzen samt Börsencrash 1873 sowie die 1877 aus Europa eingeschleppte zerstörerische Reblaus trafen die Weinbauregionen Victorias hart. Bald schon war es nicht mehr rentabel, Wein herzustellen, sodass weite Flächen für die Milchwirtschaft umgenutzt wurden. In den folgenden Jahrzehnten verschwand die australische Weinkultur schliesslich in der Versenkung.

 

Wiederauferstehung  

Erst gegen die Jahrtausendwende würde sich dies wieder ändern. Mit viel Innovationskraft und Experimentierfreudigkeit gelang es den Australiern, ihre Weinwirtschaft wiederzubeleben. Insbesondere Geelong und das Yarra Valley gehören mittlerweile wieder zu den renommiertesten Weinbaugebieten des Kontinents.

Diese Renaissance mag zwar ohne direkten Einfluss der Auslandschweizer vonstattengegangen sein, doch die ursprünglichen Winzer aus Neuchâtel und Bern haben ihre Spuren hinterlassen. Diese erkennt man einerseits an zahlreichen historischen Gebäuden, die noch immer intakt die Landschaft prägen. Andererseits lebt auch die Essenz ihres Wirkens weiter, denn schliesslich waren sie es, die diese Anbaugebiete gegründet sowie das nötige Fachwissen mitgebracht und weiterentwickelt hatten. Damit legten sie den Grundstein nicht nur für die ersten Erfolge, sondern auch für die Renaissance des australischen Weins.

Bild: Ines Iachelini @ unsplash.com

 

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