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Jahrelang waren wir dem Schweizer Winter notdürftig für drei bis vier Wochen entflohen, einmal (2004 bis 2006) gleich für zwei Jahre und, nach dem Wechsel auf einen Saisonjob im Jahre 2012, immerhin jedes Jahr für gut vier Monate. Doch nun wollen wir es definitiv wissen: nie mehr Schnee und Eis!! Klar ist uns von Anfang an: Reisen und Wohnen ist nicht dasselbe. Deshalb keine exotischen Traumdestinationen wie Thailand, Indien oder Mexico, sondern der südlichstmögliche Punkt von good old Europe, die Kanarischen Inseln.   Fuerteventura und Lanzarote kommen, weil zu trocken, zu kahl und zu windig, ebensowenig in Frage wie Gran Canaria und Teneriffa, wo alle schönen Ecken bereits komplett mit Ferienappartement-Siedlungen zugepappt sind. Vielmehr hat es uns die sehr dünn besiedelte Insel La Gomera angetan. Also dann, nichts wie los mit unserem Fiat Panda, vollgestopft mit dem Nötigsten, während der Rest des Hausrats in einem Lagerraum in der Schweiz parkiert ist.

Am 13. Januar 2017 erreichen wir unser vorläufiges Ziel Valle Gran Rey, wo wir im Ortsteil La Calera für drei Monate ein Appartement gemietet haben. Doch schnell müssen wir erkennen: In La Gomera ist der Immobilienmarkt sowas von ausgetrocknet, da gibt es an guter Lage (süd- bis westexponiert mit schöner Meersicht) fast nur Ruinen, Häuser mit null Umschwung oder enge Ferienappartements in „Batteriehühner“-Siedlungen zu kaufen. Bauland erwerben und selbst bauen ist andererseits aufgrund des Zonenwirrwarrs so gut wie unmöglich.  So dehnen wir unsere Suche auf die Nachbarinsel La Palma aus, und siehe da, gleich fünf Objekte erfüllen unsere hoch gesteckten Anforderungen. Wer die Wahl hat, hat die Qual! Endlich entscheiden wir uns für eine Villa mit Gästebungalow in El Paso und können, nach der Unterzeichung eines Vorvertrages, bereits am 15. April 2017 einziehen.   So einfach, wie das tönt, ist es allerdings nicht. Hier der Reihe nach kurz und kompakt, was es alles braucht, um als Schweizer auf den zu Spanien gehörenden Kanaren heimisch zu werden.

Erstens: Spanisch-Kenntnisse. Müssen nicht perfekt sein, sind aber im Umgang mit Behörden und administrativen Stellen unumgänglich.

Als zweites benötigt man als Ausländer, um irgendwelche Geschäfte zu tätigen, eine N.I.E. (Número de Identitad de Extranjero), die man bei der Policía Nacional einholen muss.

Das dritte ist ein spanisches Bankkonto, da Steuern, Versicherungen, Telefonabonnemente, Stromrechnungen etc, zwingend über Lastschrift abgerechnet werden. Nicht empfehlen möchten wir in diesem Zusammenhang die Caixa-Bank, obwohl sie mit Abstand das dichteste Filialnetz hat. Ihre Nachteile sind hohe Kontoführungsgebühren und lange Wartezeiten an den Schaltern.

Viertens braucht man ein Mobiltelefon mit spanischer SIM-Karte (z.B. fürs E-Banking oder um einen Festnetz-Telefon- und Internet-Anschluss zu beantragen). Vorsicht: die Telefonanbieter verfolgen alle eine sehr aggressive Verkaufsstrategie und wollen einem Abos mit Leistungen verkaufen, die man gar nicht braucht. Sogar bei Prepaid-Verträgen muss man, falls nicht gewünscht, mobile Daten explizit ausschliessen, sonst ist das Guthaben ratz fatz weg.

Und fünftens: Ob man sich nun niederlassen oder nur einen Langzeit-Urlaub verbringen will, wer länger als drei Monate an einem Ort wohnt, muss sich bei der Gemeindebehörde unter Vorlage eines Miet- oder Kaufvertrages anmelden (Empadronamiento).   Nun zum Kauf einer Immobilie: Wir empfehlen unbedingt die Dienste eines lokal als seriös bekannten deutschsprachigen Maklerbüros, auch wenn hier in der Regel 3% Vermittlungsprovision fällig werden. Wir haben uns der Inmobiliaria La Palma (ILP) anvertraut. Nicht nur ist die Kommunikation wesentlich einfacher, auch Vorverträge sind in der Regel in deutsch verfasst. Eine Prüfung durch einen deutschsprachigen Anwalt erübrigt sich, und Besonderheiten wie die sogenannte Militärgenehmigung, die Schweizer Immobilienkäufer im Gegensatz zu EU-Bürgern unter Vorlage eines Strafregisterauszuges einholen müssen, werden von seriösen Maklerbüros ebenfalls erledigt.

Spätestens ein halbes Jahr nach der Einreise (Fährticket als Beleg unbedingt aufbewahren!) muss das Auto auf eine spanische Zulassung (matrícula) umgeschrieben werden – ein kompliziertes und zeitraubendes Prozedere, für das wir die Unterstützung einer Gestoría in Anspruch nehmen. Zuerst muss ein staatlich anerkannter Fachingenieur ein technisches Datenblatt des Fahrzeugs erstellen. Daraufhin wird das Fahrzeug vom ITV (eine Art spanischer TÜV) geprüft. Dann erfolgt die Verzollung. Wer von einem günstigeren Zollansatz für Umzugsgut profitieren will, muss dafür eine von einem lizenzierten Dolmetscher übersetzte Abmeldebestätigung der früheren Schweizer Wohnsitzgemeinde vorlegen. Nach ungefähr fünf Wochen erhalten wir von der Dirección General de Tráfico (DGT) endlich den Fahrzeugausweis. Die entsprechenden Nummernschilder müssen wir allerdings noch bei einem Autozubehör-Fachgeschäft prägen lassen. Befestigen dürfen wir sie schliesslich selbst…

Der nächste Schritt gilt der Erlangung der Niederlassungsbewilligung (Residencia). Dazu muss man wiederum bei der Policía Nacional vorsprechen und nicht nur Belege für gesichertes Einkommen und/oder ausreichendes Vermögen vorlegen, sondern auch den Nachweis einer in Spanien gültigen nationalen oder internationalen Krankenversicherung. Wir entscheiden uns für eine nationale Krankenkasse, da diese nur etwa einen Drittel so hohe Prämien berechnet wie eine Schweizer Versicherung. Doch mehr dazu später.

Nächster Schritt: der Umzug unseres in der Schweiz eingelagerten Hausrates. Da wir in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Container-Fracht gemacht haben, entscheiden wir uns für einen Umzug per Lastwagen. Von der auf Spanien-Transporte spezialisierten Schaffhauser Logistikfirma Schäfli erhalten wir eine Offerte, die nur unwesentlich über jenen der Container-Anbieter liegt. Vorteile: Ein Pauschalpreis ohne Nachforderungen, falls sich z.B. am Zoll Verzögerungen ergeben sollten. Und verbindlich vereinbarte Zeitfenster nicht nur zum Inventieren (für den Zoll) und Einladen der Ware, sondern auch zur Auslieferung. Mitte Juni laden wir in der Schweiz ein, und pünktlich Mitte Juli können wir in La Palma unseren Hausrat in Empfang nehmen. Es folgt das grosse Einrichten und Einräumen…

Nachdem Ende August die notarielle Überschreibung des Hauses stattgefunden hat, muss der Besitzerwechsel noch dem Elektrizitätsanbieter Endesa, der Gemeindebehörde (wegen Grundstücksteuer, Wasserzins, Müllgebühr und Katastereintrag) und der Hausversicherung gemeldet werden.  Der vermeintlich letzte Schritt im direkten Zusammenhang mit der Auswanderung ist der Umtausch der Schweizer Führerscheine in spanische Ausweise. Dieser muss zwingend innert sechs Monaten nach Erhalt der Residencia erfolgen. Erster Schritt: einen Termin auf der Direcciòn General de Tráfico (DGT) vereinbaren. Dort wird man erst mal nur registriert und erhält einen Schwung von Formularen zum Ausfüllen mit nach Hause. Zweiter Schritt: die medizinische Eignungsprüfung (Sehen, Hören, Bewegungskoordination) in einer speziellen Fachpraxis (CRC), welche alle zehn Jahre, ab 65 Jahren alle fünf Jahre wiederholt werden muss. Dritter Schritt: erneut einen Termin beim DGT vereinbaren. Zusammen mit den ausgefüllten Formularen wird der Schweizer Führerschein eingezogen und in die Schweiz zurückgesandt. Man erhält ein papierenes Ausweis-Provisorium für die Wartezeit, bis einem der Originalausweis zugestellt wird. Fertig?? Nicht ganz, denn wir haben per Zufall ein Problem entdeckt, das sogar die bürokratiegewandten Spanier offensichtlich überfordert: Unsere private Krankenversicherung deckt zwar alle Behandlungen in privaten Kliniken und Arztpraxen, welchem dem Netzwerk der Versicherung angeschlossen sind. Für (Notfall-)Behandlungen in öffentlichen Spitälern und Gesundheitszentren hingegen nützt sie nichts. Dort braucht man die Tarjeta Sanitaria, die jede in Spanien arbeitende Person automatisch erhält, wenn sie Sozialversichungsbeiträge entrichtet oder Rente ausbezahlt bekommt. Nur, wir arbeiten zurzeit (noch) nicht, beziehen auch noch keine Rente, sind aus diesem Grund nicht der spanischen Sozialversicherung angeschlossen und erhalten so auch keine Tarjeta Sanitaria, welche eine kostenlose Behandlung im öffentlichen Gesundheitssystem ermöglichen würde. Nachdem wir zum vierten Mal von einer Amtstelle zur nächsten weiterverwiesen worden sind, haben wir nun zum zweiten Mal einen Brief an die Gerencia de Asistencia Primaria, der Herausgeberin dieser Versicherungskarte, geschrieben, was denn in unserem Fall zu tun sei. Nach über drei Wochen warten wir derzeit immer noch auf eine Antwort…

Artikel verfasst von: gonzenbach