Massimo Casalegno hat das Bürgerrecht von Will SG. Er ist Dr. Ingenieur der E-Technik, mit Master in BWL und VWL. Von März 2013 bis Anfang 2022 war er alleinerziehender Vater seiner drei Kinder und hat vom 10.06.2021 bis zum 01.07.2024 in Abidjan in der Elfenbeinküste gelebt.
Ich habe in der Elfenbeinküste meine heutige Frau kennengelernt und geheiratet. Als die Pandemie kam, habe ich mich dazu entschlossen, in ein Land zu ziehen, in dem ich mehr Freiheiten habe. Auf diesen Umzug bzw. das temporäre Auswandern habe ich mich nicht gross vorbereitet. Ich spreche sechs Sprachen und kenne schon ein Dutzend Länder wie meine Westentasche. Für mich ist das Umziehen von einem Land in ein anderes so etwas, wie für andere das Umziehen von St. Gallen nach Zürich. Zuerst habe ich das Land besucht, mich umgeschaut und informiert. Ich habe also allein meine Frau besucht, die damals meine Freundin war, festgestellt, dass man dort genauso leben kann, wie in der Schweiz, weil nichts fehlt und habe meine Frau später auch geheiratet. Sie hat meine Kinder adoptiert.
Mir haben sich bei meinem Auswanderungsprojekt nicht viele Fragen gestellt. Bevor ich aber zum ersten Mal in die Elfenbeinküste flog, hatte ich ein falsches Bild von Afrika. Es gibt zwar soziale Probleme, aber dies wird mit einer ungekannten Freiheit ausgeglichen. Das grösste Problem ist sicherlich, dass gute kostenlose Bildungsmöglichkeiten für Kinder fehlen.
Es lief dennoch eigentlich alles ganz gut. Ich habe meine Kinder in einer Privatschule eingeschult und da ich sie zweisprachig, Deutsch und Französisch, erzogen habe, hatten sie auch diesbezüglich keine Probleme. Sie brachten schon nach wenigen Tagen Freunde mit nach Hause. Das Lernprogramm war auf europäischem Niveau, weshalb sie zurück in der Schweiz ihren schulischen Weg nahtlos fortsetzen konnten. Das Gesundheitssystem in der Elfenbeinküste funktioniert natürlich nicht gleich, wie man das von der Schweiz gewohnt ist. Verletzungen etc. werden zwar gut behandelt, man braucht aber eine Menge Zeit, weil die Uhren anders ticken. Von Privatkliniken auf europäischem Niveau würde ich jedoch abraten, weil die massiv überteuert sind. Ausserdem verlangen die Privatkliniken eine Vorauszahlung.
Allgemein will ich sagen, dass das Leben in Abidjan sehr gesellig ist. Auf der Strasse kennt jeder jeden. Ich legte grossen Wert darauf, so zu leben wie die lokale Bevölkerung. Wenn man den ÖV benutzt oder etwas kaufen möchte, muss man darauf achten, den Geldbetrag genau abgezählt dabeizuhaben, weil es sonst schwierig wird oder einem gar nichts verkauft wird. Dies liegt daran, dass die kleineren Münzen und Banknoten in viel zu geringer Anzahl vorhanden sind. Dies ist staatlich bedingt. Weiter ist es gewöhnungsbedürftig, dass es nirgends Abfalleimer gibt und der Müll oft einfach im Strassengraben oder in der Kanalisation entsorgt wird. Fragt man nach dem Grund, wird einem gesagt, dass die Mülleimer, kaum installiert, direkt geklaut würden. Das kann ich mir aber nicht vorstellen, weil Diebstahl verpönt ist und hart geahndet wird. Den Umstand fehlender Mülleimer kann ich mir bis heute nicht erklären.
Was ich an der Elfenbeinküste schätze ist: Freundlichkeit, Freiheit, Wärme, Einfachheit und die zwischenmenschlichen Verhältnisse. Ich bin im 2024 in die Schweiz zurückgekehrt. Was ich in der Elfenbeinküste vermissen würde, wenn ich für immer dort lebte: Gute kostenlose Bildung für meine Kinder, deren Abschlüsse auch in Europa anerkannt werden, und die Sozialversicherungen. Hinzu kommt, dass ich meinen Beruf als Elektroingenieur in der Elfenbeinküste nicht ausüben konnte, weil es dort praktisch unmöglich ist, einen Job in meinem Berufsfeld zu finden.
Wer sich entschliesst auszuwandern, sollte keine Angst haben und neugierig und weltoffen sein. Man sollte im neuen Land beobachten und lernen, wie die Dinge dort wirklich laufen und angehäufte Vorurteile über Bord werfen. Darüber hinaus muss man tief überzeugt sein, dass Menschen überall Menschen sind, wie auch immer sie aussehen, und wie auch immer ihre Traditionen sie beeinflussen. Die Quintessenz ist, die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze zur Kenntnis zu nehmen und sich daran zu halten. Für mich war und ist das eine leichte Sache. Also man sollte kein Dickkopf sein, sondern gewisse Gewohnheiten ablegen können und sich auf das Neue einlassen. Mir ist das sehr gut gelungen.
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